Am vergangenen Sonntag habe ich das spätsommerliche Wetter ausgenutzt und einen Spaziergang über den Frankfurter Südfriedhof gemacht. Jetzt gehört das Spazierengehen über Friedhöfe nicht zu meinen Hobbies, aber vor etwa 3 Wochen habe ich durch Zufall beiläufig in einem Artikel der Frankfurter Rundschau gelesen, dass ein ehemaliger Mitpatient eines Klinikaufenthaltes von mir, vor gut 3 Jahren – also im September 2015 – plötzlich verstorben ist. Als wir uns vor etwa 6 Jahren nur sehr flüchtig kennen gelernt hatten, war der Klinikaufenthalt für uns beide sehr unangenehm, aber wir haben jeder für sich aus der eigenen Situation das Beste genacht. Wir hatten nicht viel minteinander geredet, kamen aber dennoch gut miteinander aus. Bei mir hat er vor allem durch seine Einstellung und Haltung gegenüber der Erkrankung und damit seiner damals derzeitigen Situation einen starken Eindruck hinterlassen. Denn obwohl er nicht in der Lage war aufrecht zu sitzen, ja geschweige denn sogar das Krankenbett zu verlassen, hatte er völlich souverän und mit einer klaren Zielvorstellung für die Zeit nach seiner ohnehin damals in einem knappen Jahr anstehenden Pensionierung telefonisch über seine Sekretärin Aufgaben an jüngere Kollegen in die Wege geleitet. Aus ihn heraus hat wirklich eine gewisse Leidenschaft für seine Arbeit gesprochen. Der Beruf war wirklich seit jungen Jahren Berufung.
Aber warum erzähle ich das Alles überhaupt? Denn egal wie die gesundheitliche Situation bei jedem von uns beiden damals vor 6 Jahren war, egal wie hoch der Arbeitsstress bei dem Pflegepersonal war – es war für mich eine sehr lebendige Zeit. Und noch viel wichtiger: Es gab Perspektiven. Die Zeit des gemeinsem KLinikaufenthaltes war für mich sogar eine so schöne Zeit, dass ich mich in sie am liebsten zurück befördern würde, wenn dies möglich währe.
Viele Erlebnisse sind schön. Viele Ereignisse waren und sind nicht schön, unangenehm, oder schlicht nicht einfach. „Weist Du noch damals …“, „Ach was haben wir gelitten.“
Am Ende sind sowohl die positiven als auch die negativen Erlebnisse nur noch Erinnerungen. Alle Lebensstationen fühlen sich an wie kurze Augenblicke. – Wenn gleich auch bei vielen Menschen gewisse Erlebnisse sehr stark als Trauma im Kopf haften bleiben. Alt sein bedeutet, dass man diese mit jemanden teilen kann und sie sind dazu da, um mit ihnen die körperlichen Schmerzen und den Verfall durch gemeinsames Lachen erträglicher zu machen.
[Musik: Aphex Twin – Rhubarb/Selected Ambient Works, Vol. 2]