Streaming-Audio-Server – Ein Versuch

Die Folge 39.5 von Anfang September mit dem Thema „Mein eigener Server“ des c’t Uplink Podcasts hat auch bei mir wieder Lust auf einen eigenen Home-Server geweckt. In den letzten zwölf Monaten habe ich verstärkt auf meine digital gespeicherte Musiksammlung – also im Wesentlichen MP3-Dateien – zurückgegriffen. Sei es, weil mein einfacher, kleiner MP3-Player unerwartet kaputtgegangen ist und ich mir einen neuen kaufte, ohne dass ich die Ordnerstruktur mit den Musikdateien vorher noch vom alten Player auf einem Computer zwischenspeichern konnte, oder weil mein Hörinteresse insgesamt in dem benannten Zeitraum auch wieder von den Podcasts weg zu mehr Musik gewandert ist. Anders als viele andere möchte ich aber kein Network Attached Storage (kurz NAS) betreiben und habe es auch bisher noch nicht. Stattdessen habe ich die archivierten Dateien auf einer externen Festplatte gespeichert, wie viele einfache Computernutzer es auch handhaben. – Allerdings mit dem Unterschied, dass ich sie auf zwei externen Festplatten gespeichert habe, um immer wenigstens noch einen redundanten Datenträger zu haben, falls eine kaputtgeht. Der Nachteil gegenüber einem NAS ist aber, dass ich nicht von jedem Gerät immer sofort auf die Dateien zurückgreifen kann. Das liegt zum einen daran, dass die Gehäuse der externen Festplatten unterschiedliche Schnittstellen haben, und zum anderen daran, dass sie mit einem Apple Dateisystem formatiert sind. Je nach Computer und dem darauf installiertem Betriebssystem kann ich also nicht eine der externen Medien immer direkt anschließen, an dem ich sie verarbeiten möchte. Ich muss sie also immer an einen bestimmten Mac mit der richtigen Schnittstelle anschließen und die Dateien mittels einem flexibleren Wechseldatenträger wie einem mit dem Dateisystem exFAT formatierten USB-Stick auf meinen Zielcomputer übertragen, was sehr umständlich und zeitraubend ist. Ich muss nicht immer regelmäßig auf alle meine archivierten Dateien zugreifen, aber da es sich bei denen, wo es in letzter Zeit der Fall ist, um Audio-Dateien handelt, liegt doch der Gedanke nahe, einen Streaming-Server für Musik zu bauen, von dessen mit jedem Gerät sofort die gewünschte Musik abgespielt werden kann. Das sorgt außerdem dafür, dass wenn die Dateien nicht auf dem Endgerät vorhanden sind, sie auch nicht den begrenzten Festspeicherplatz des Endgeräts in Anspruch nehmen und auch die Backups dieser unnötig vergrößern.

Vor dreizehn Jahren habe ich mir für meinen ersten Home-Server das Alix.1C Embedded Board von PC Engines angeschafft. Anfangs einige Zeit mit NetBSD und später durchgängig mit OpenBSD betrieben, diente der Computer für irssi in einer Screen-Session, dann mal als Konsolen-Torrent-Client oder Tor Middle-Node und war meistens über dynamischen DNS aus dem öffentlichen Internet im eigenen Heimnetzwerk erreichbar. Auf die 32 Gigabyte CompactFlash-Karte, die ich einige Jahre später dazu gekauft habe, würde ich meine MP3-Sammlung zwar gespeichert bekommen, aber die Karten sind in ihrer Lese- und Schreibgeschwindigkeit sehr langsam gegenüber den moderneren Festplatten (späte IDE- und generell SATA-Laufwerke). Zum Glück habe ich aber noch irgendwo eine gebrauchte SATA-SSD mit 256 Gigabyte Speicherkapazität herumliegen. Da die Alix-Boards noch einen 44-Pin IDE Port für 2,5″ IDE-Laufwerke besitzt, bin ich das Wagnis eingegangen und habe mir für 12 Euro mal einen 2,5 Zoll SATA (Female) HDD Drive auf IDE 44 Pin Konverter bestellt. Ich war anfangs etwas skeptisch, aber so ein SATA auf 44 Pin IDE-Konverter funktioniert doch problemlos. Der einzige Nachteil, der durch den Konverter entstanden ist, ist der, dass er mit dem 2,5″ Medium die Höhe des schmalen Gehäuses etwas überschreitet und ich das System nicht mehr geschlossen bekomme. Das SATA-Medium wird durch den IDE-Controller vom Board wie ein IDE-Medium erkannt und angesteuert.

ALIX.1C Innenansicht

Ich habe in den letzten vier Jahren das Alix-System zwar nicht mehr nennenswert im Einsatz gehabt, aber vor gut zwei Jahren musste ich feststellen, dass das System von dem OpenBSD Installations-Image auf einem USB-Stick spätestens seit der damaligen Version 6.5 nicht mehr in der Lage ist zu booten. Was der Grund für den Fehler ist, konnte ich bis jetzt nicht herausfinden. Auch der Versuch von einem OpenBSD Installations-Image für die x86 64-Bit statt der x86 32-Bit hat nicht geholfen und die Gesamtsituation hat sich bis zu der vor gut zwei Wochen erschienen OpenBSD Version 7.0 nicht gebessert. Zum Glück hatte ich mir zu Anfang dieses Jahres die be quit! Bastel- und Retro-Workstation zusammengebaut, um von dem Installationsmedium aus zu booten und das System auf den Zieldatenträger zu übertragen. Der erste Boot-Vorgang von dem Zieldatenträger als Hauptdatenträger im Alix-System funktioniert dann zum Glück wieder fehlerfrei, sodass die weitere Konfiguration damit kein Problem darstellt.

2,5 Zoll SATA (Female) HDD Drive auf IDE 44 Pin Konverter

Mit dem nun nach wie vor unter OpenBSD betriebenen Alix-System als wirklich sinnvollen Home-Server habe ich mir auch das Ziel gesetzt, einen eigenen benutzerdefinierten Kernel zu kompilieren. Die Standard-Kernel der drei großen bekannten BSD-Systeme sind zwar schon wesentlich kleiner als die der großen bekannten Linux-Distributionen, aber in Hinblick darauf, dass das Alix-System nur 256 MiB Arbeitsspeicher besitzt, finde ich es nicht verkehrt, es noch Resourcen-schonender zu konfigurieren. Bisher hatte ich benutzerdefinierte Kernel unter NetBSD und zu Anfangs mal kurz unter FreeBSD erstellt. Die Verfahrensweisen und Abläufe sind aber prinzipiell bei allen BSD-Betriebssystemen identisch. Bei meinem jetzt unter OpenBSD 7.0 selbsterstellten Kernel habe ich die Treiber für alle auf dem Alix-Board verbauten Hardware-Komponenten beibehalten und alle diejenigen entfernt, die auch nicht auf dem Board verbaut wurden. Zusätzlich habe ich noch die Unterstützung für einige Dateisysteme entfernt, mit denen ich hier zu Hause eh nicht (mehr) mit dem Alix-System in Berührung kommen könnte (Linux ext2, UDF, CD9660 und NFS). Außerdem habe ich die Software-RAID Funktionalität entfernt und die Farbgebung für Kernel-Ausgaben auf den seriellen Konsolen von der standardisierten weißen Schrift auf blauen Hintergrund zu der für mich angenehmer zu lesenden weißen Schrift auf schwarzem Hintergrund. Ich hätte gerne noch alle Funktionalitäten des Point-to-Point Netzwerkprotokolls und die Unterstützung der VPN-Protokolle entfernt, aber der Kernel hat auf der Standardausgabe während des Boot-Vorgangs (noch) zu viele Fehler geworfen, auch wenn der Rest trotzdem funktioniert hätte. Trotzdem konnte ich die Größe des Kernels signifikant verkleinern. War die ausführbare Kernel-Datei des generischen Kernels noch fast 15 Megabyte groß, war die Datei meines Kernels nur fast 5 Megabyte groß. Während der generische Standard-Kernel im Arbeitsspeicher 20 Megabyte belegte, benötigte mein Kernel nur noch die Hälfte im RAM. Für die Statistik: Da der AMD Geode LX Prozessor – bassierend auf AMDs K7 Mikroarchitektur – nur 500 Megahertz, 2 mal 64 KiB Level-2 und nur 128 KiB Level-2 Cache besitzt, dauert der Kompiliervorgang des generischen Standard-Kernels von OpenBSD 7.0 zwei Stunden und 55 Minuten. Der Kompiliervorgang meiner Kernel-Konfiguration hat dann nur noch 41 Minuten gedauert.

Ich habe mir gedacht, dass es prinzipiell nicht verkehrt sein kann, dass auf dem Alix-Home-Server auf alle Fälle auch ein FTP-Server verfügbar sein sollte, denn schließlich will ich die MP3-Dateien von der an einen meiner Mac’s angeschlossenen, externen Festplatte auf den zukünftigen Musik-Streaming-Server übertragen, beziehungsweise die MP3-Dateien auf einen mobilen Computer oder Abspielgerät für unterwegs herunterladen. – Wie gesagt, ich möchte nicht immer jedes Mal eine der beiden externen HDDs herauskramen müssen.

ALIX.1C mit SATA zu 44 Pin IDE Konverter und 2,5″ SATA-HDD

Da ich mich alleine in meinem privaten Heimnetz befinde, habe ich auf eine Transportverschlüsselung für FTP verzichtet. Nachdem ich meine MP3-Sammlung also via FTP auf dem Server transferiert habe, musste ich feststellen, dass beim Versuch die MP3s via FTP zu lesen und wieder auf ein Endgerät zu kopieren, der FTP-Client bei einigen Dateien Fehlermeldungen ausgab. Offensichtlich sind bei dem Transfer der Dateien auf den FTP-Server bei den betroffenen Dateien einige Bits gekippt. Erst nachdem ich auf dem FTP-Server die Sammlung gelöscht und anschließend die Dateien statt via FTP mit scp erneut auf den Server transferiert habe, funktionierten sie auch alle ausnahmslos. Die effektive Transferrate bei scp ist allerdings etwas geringer als bei FTP, sodass der Datei-Transfer auch etwas länger dauert, aber das macht nichts.
Für den eigentlichen Streaming-Audio-Server hatte ich mir zwei Software-Lösungen ausgesucht.: Den Icecast, welcher von Internetradios gern für das Streamen verwendet wird, und die Media-Streaming-Weboberfläche Ampache.

  • Ampache: Ampache ist ein Kofferwort aus Amplifire und dem bekannten Web-Server Apache. Mit Ampache kann man seine Musik-Bibliothek verwalten, ähnlich wie mit iTunes und bietet verschiedene Berechtigungsstufen. Es ist aber auch möglich, eine Playliste als reinen HTTP-Stream in einem Netzwerk zur Verfügung zu stellen. Von den Entwicklern wird nur Linux und FreeBSD unterstützt. Unter FreeBSD habe ich Ampache nicht zum Laufen bekommen, sondern leider nur unter einem Debian 10 Buster, was schon unter die Kategorie old-stable fällt. Ich hatte mir schon gedacht, dass die 500 Megahertz und 256 MiB RAM der Alix zu wenig sind für Webserver, PHP und SQL-Datenbank sind. Die ganze Implementation ist zwar nicht sehr schnell, aber es funktioniert wie es soll. Problematisch bei der begrenzten Rechenleistung wird es aber mit ffmpeg. Bei einer MP3-Datei mit 320 kbps und einer Spielzeit von zwei Stunden hat sich dann der ffmpeg-Enkoder verschluckt und der Prozessor lief am Limit. Konnte Ampache dann wieder andere, kleinere MP3-Dateien mit ffmpeg verarbeitenund abspielen, sah es so aus, dass von den großen MP3s noch ffmpeg-Zombieprozesse übrig blieben, die es zu killen galt. Für das Alix-System dann doch keine so zufriedenstellende Lösung.
  • Der Icecast-Server ist prinzipiell so ausgelegt, dass er aus einer Audioquelle an der Soundkarte einen HTTP-Livestream ins Netz stellt. Icecast kann aber auch von Audio-Dateien einen Stream erzeugen. Dafür ist eine Textdatei nötig, die als Playliste fungiert. Um sich spontan eine Liste zusammen zustellen ist dies aber doch etwas umständlich. Da auch Icecast sich ffmpeg bedient, wird das auch hier wieder der Bottleneck bei großen Audio-Dateien sein, auch wenn Datenbank und PHP nicht nötig sind.

Da ich auf meinen Desktop-Computern relativ kleine und schlanke Medienplayer mit einer einfachen Listenfunktionalität benutze, die Drag-and-drop fähig sind, wollte ich mal ausprobieren, wie diese damit klarkommen, wenn sie direkt auf die Dateien von einem gemounteten FTP-Share zugreifen sollen. Sowohl der ältere Cog als auch der moderne IINA laden alle Dateien immer vollständig. Sind es viele auf einmal wie zum Beispiel ein Ordner mit 200 Stück, sind die Player je nach Menge zu Anfangs immer etwas ausgelastet. Der Vorteil: alle ID3-Tags und weitere Meta-Daten wie Album-Cover sind verfügbar. Der Nachteil ist, dass das Hörvergnügen zu Anfangs kurze Startschwierigkeiten haben kann.
Der VLC Media Player verhält sich da schon ganz anders. Bei dem Lesen der Dateien von einem FTP-Share wendet dieser tatsächlich das Streaming-Prinzip an. Das heißt, dass er kontinuierlich immer nur das benötigte Stück der Audio-Datei lädt. Damit werden die langen Ladezeiten eliminiert. Die Nachteile sind aber, dass er erstens die Meta-Daten von den Dateien nicht lädt, zweitens kommt der VLC überhaupt nicht damit klar, wenn die Dateinamen sich mit Zeichen aus der aktuellen UTF-Implementation bedienen, die nicht mit den Buchstaben des ASCII-Codes übereinstimmen. Kurz gesagt: enthält der Dateiname beispielsweise einen Akzent über einem Vokal oder er enthält einen kyrillischen Buchstaben, kann der VLC Media Player die Datei nicht lesen.

Fazit:
Alles in allem ist die Lösung, dass ich mit einem lokalem Medienplayer auf einem meiner Endgeräte auf die Dateien via FTP zugreife, für mich zurzeit die am gangbarsten. Allerdings werde ich extra für den VLC Media Player jetzt nicht alle Dateinamen mit Buchstaben aus dem ASCII-Zeichensatz ersetzen.

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Herausragende Musikalben – „A Captive In The Land Of The Iron Bubbles“ von Microwave Prince

Veröffentlichung: 1995

Für diesen Artikel muss ich erst einmal etwas ausholen.: Das japanische Unternehmen Roland brachte im Jahr 1981 den monophonen Analogsynthesizer TB-303 auf den Markt. „TB“ steht dabei für „Transistor Bassline“ und verrät den eigentlichen Verwendungszweck für das Gerät, das als Ersatz für einen Musiker begleitenden E-Bassisten gedacht war. Der Synthesizer war ursprünglich für Sologitarristen konzipiert, um diesen mit der Kombination von TB-303 und TR-606 eine kostengünstige Schlagzeug- und Bass-Begleitung zu ermöglichen. Aufgrund des unnatürlichen Klanges war das Gerät bei der eigentlichen Zielgruppe jedoch nicht erfolgreich, und die Produktion wurde bereits 1984 wieder eingestellt.
Im Jahr 1985 entdeckte der in Chicago lebende Musiker DJ Pierre der Gruppe Phuture, dass mit der Roland TB-303 durch extreme Einstellungen sich Klänge erzeugen lassen, die nichts mit dem ursprünglichen Verwendungszweck zu tun haben. Klänge, die ein neuartiges und futuristisches Zwitscher, Kreischen und Blubbern waren. 1987 veröffentlichte DJ Pierre mit Acid Tracks ein zwölfminütiges, minimalistisches Stück, welches zu weiten Teilen auf diesem an Säure (engl. „acid“) erinnernden Klang der TB-303 basierte. Der „Acid-Sound“ beruhte unter anderem auf der Selbstoszillation eines Filters, also einer hoch eingestellten Resonanz. Acid Tracks wurde sofort zum Hit in der noch jungen House-Szene und sorgte für eine ganze Welle an ähnlichen Tracks, die meist in Kombination mit Drumcomputern wie der TR-808, der TR-606, der TR-909 oder der TR-707 produziert wurden. So begründete Acid Tracks einen neuen, eigenständigen und einflussreichen Musikstil, den Acid House, aus dem sich später auch der schnellere und härtere Acid Techno entwickelte.
Auch heute noch wird der Klang der TB-303 gerne für Produktionen von Techno, House, Goatrance und anderen Stilen der elektronischen Tanzmusik eingesetzt. Sogar ab etwa Mitte der 1990er Jahre wird die Roland TB-303 von Musikproduzenten bei den Arrangements von Musikalben der Pop-Musik wie Ray of Light der amerikanischen Sängerin Madonna eingesetzt.
Als das für den „Acid-Sound“ verantwortliche Gerät wurde die TB-303 im Laufe der Jahre immer begehrter. Durch die begrenzte Verfügbarkeit des nur kurze Zeit produzierten Gerätes und die wachsende Nachfrage stieg der Preis auf dem Gebrauchtmarkt enorm. Auch die verfügbare Menge von Ersatzteilen wurde im Lauf der Zeit immer knapper.
In den vergangenen Jahren wurden von der Roland TB-303 stattdessen immer mehr Nachbauten anderer Firmen und auch Software-Emulatoren auf den Markt gebracht. Auch die japanische Firma Roland brachte im Jahr 2014 ein offizielles Nachfolgegerät auf den Markt: die TB-3 Touch Bassline.

Der deutsche DJ und Musikproduzent Steffen Müller-Gärtner veröffentlichte unter dem Künstlername Microwave Prince ab den 1990er Jahren etliche Singles und EPs, bei der er die Roland TB-303 und Drum Computer der TR-Reihe einsetzt. 1995 erschien von Microwave Prince dann das Compilation-Album A Captive In The Land Of The Iron Bubbles.

Für mich ist A Captive In The Land Of The Iron Bubbles quasi so etwas wie eine in nur ein Musikalbum reduzierte Blaupause des Acid Technos im Besonderen und der elektronischen Musik im Allgemeinen.
Mehr noch: da die Roland-Ingenieure mit den technologischen Möglichkeiten der beginnenden 1980er Jahre und der TB-303 nicht dem Anspruch genügen konnten, sie von Musikern als einen ernst zunehmenden, begleitenden E-Bass-Ersatz zu etablieren, sehe ich sie auch nicht als ein Gerät an, welches einen Klang nachahmen kann oder soll. Nach meinem musikalischen Verständnis ist die TB-303 ein eigenständiges und ernst zu nehmendes Musikinstrument, wie es ein Saxophon, ein Cello oder eine Mandoline auch sind. Mit den heutigen Möglichkeiten der Computertechnik kann sicherlich der Klang fast jedes Musikinstrument täuschend echt nachgebildet werden. Die Roland TB-303 hat stattdessen mit ihrem eigenen Klangbild sich unbewusst selbst geschaffen. – Auch wenn es noch ein paar Jahre seinerzeit brauchte, bis das Potenzial entdeckt wurde.

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Herausragende Musikalben – „Ten“ von Pearl Jam

Veröffentlichung: 1991

Ten ist das Debütalbum der US-amerikanischen Rockband Pearl Jam. Gegründet hatte sich die Band bereits nur ein Jahr zuvor. Stone Gossard und Jeff Ament taten sich 1990 mit dem Ziel zusammen, eine neue Band zu gründen, nachdem sich die beiden Musiker entschieden hatten, nach dem Tod von Andrew Wood weiterhin Musik zu machen. Die beiden Musiker hatten zu dieser Zeit also schon mehrere Jahre musikalische Erfahrungen sammeln können. Sie jammten zusammen mit dem Gitarristen Mike McCready, den Gossard schon seit einiger Zeit kannte und dann auf einer Party wiedertraf. In der Folge entstand ein Demotape, auf dem Matt Cameron (damals Soundgarden, seit 1998 bei Pearl Jam) als Schlagzeuger aushalf. Dieses Demotape wurde an Jack Irons (Gründungsmitglied der Red Hot Chili Peppers) Freund Eddie Vedder weitergegeben, der damals in San Diego lebte. Eddie Vedder war in der Musikszene von San Diego kein Unbekannter; er hatte bereits in mehreren Bands gespielt, unter anderem bei Bad Radio. Dieser hörte sich das Demotape an, schrieb danach die Texte zu den Instrumentals auf dem Tape, besang es und schickte es zurück nach Seattle. Später sollten diese unter den Namen Alive, Once (auf Ten) und Footsteps (B-Seite der Single Jeremy) bekannt werden. Von der Stimme und der Energie waren Stone Gossard, Jeff Ament und Mike McCready so begeistert, dass sie Eddie Vedder sofort nach Seattle einluden. Während des Fluges nach Seattle schrieb Vedder den Text zu dem Song Black. Die Band probte in der darauf folgenden Zeit viel, und es entstand eine beachtliche Menge an Songs. Zunächst nannte sich die Band Mookie Blaylock, nach dem NBA-Aufbauspieler der New Jersey Nets und Atlanta Hawks mit der Rückennummer 10, entschied sich dann später aber für den von Eddie Vedder eingebrachten Namen Pearl Jam. Das Album Ten sollte ursprünglich anfangs auch nach dem Baskestball-Spieler benannt werden, aber auf Kritik seitens der Plattenfirma hin benannte die Band das Album jedoch nur nach dessen Rückennummer.
Zuerst verkaufte sich Ten schleppend, doch im Zuge des kommerziellen Erfolges von Nirvanas Nevermind und mit dem steigenden Hunger nach Seattle-Bands stieg der Verkauf rasch an. Bis heute wurde Ten mehr als fünfzehn Millionen Mal verkauft. Das Debütalbum ist damit gleichzeitig auch das kommerziell erfolgreichste Album von Pearl Jam.
Umfangreiches Touren und der weltweite Grunge-Boom gingen einher mit steigender Popularität der Band. Die beiden Singles Alive und Even Flow waren sehr erfolgreich, der größte Hit der Band wurde aber die dritte Single Jeremy. Es wurden fast eine Million Exemplare verkauft und 1993 gewann das Video zum Song vier MTV Video Music Awards, darunter den Preis für das beste Video des Jahres. Damit waren Pearl Jam die erfolgreichste Band bei dieser Verleihung.
Durch die langen musikalischen Erfahrungen der einzelnen Mitglieder vor Bandgründung, klingen die Songs von Ten melodisch sehr ausgereift, was – wie ich finde – sehr bemerkenswert ist.
Da die Band – vor allem Eddie Vedder – vom unerwarteten Ausmaß ihres Erfolges und dem Leben im Rampenlicht überfordert war, fasste sie den Entschluss, keine weiteren Musikvideos mehr zu veröffentlichen. Jeremy sollte sechs Jahre lang das letzte Video der Band bleiben.
Nach dem Selbstmord von Kurt Cobain im April 1994 war Pearl Jam die erfolgreichste existierende Grunge-Band der Welt, reagierte darauf aber mit dem kompletten Rückzug aus der Öffentlichkeit.

Bis letztes Jahr hat Pearl Jam ohne Unterbrechung insgesamt elf Studio-Alben veröffentlicht. Sie ist aber auch gleichzeitig die letzte überlebende Band der Grunge-Bewegung.

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Herausragende Musikalben – „Irrenhaus“ von Keimzeit

Veröffentlichung: 1990

Irrenhaus ist das Debütalbum der bereits im Jahr 1980 gegründeten Band, deren Gründungsmitglieder die Geschwister Norbert, Hartmut, Roland und Marion Leisegang bereits schon seit Ende der 1970er Jahre gemeinsam auf Familienfeiern und in Kneipen gemeinsam auftraten. In den 1980er Jahren erspielte sich die Band auf zudem meist abseits vom staatlich gelenkten Musikgeschäft der DDR organisierten tausenden Konzerten eine treue Fangemeinde, zum Beispiel in Dorfkneipen mit ihren Veranstaltungssälen. Ende der 1980er Jahre wurde der Band kurzzeitig die Spielerlaubnis durch die staatliche Künstlerorganisation entzogen. Unter anderem der Titel Mama sag mir, warum vom Debütalbum Irrenhaus war hier die Begründung. Stilistisch war die Musik der frühen Jahre typischer Bluesrock, der durch die teilweise sehr poetischen Texte seine spezielle Note erhielt.
Erst 1988 erhielt Keimzeit beim Rundfunk der DDR die Gelegenheit, Lieder professionell aufzunehmen. Seitdem wurden sie auch im Radio gespielt – vor allem beim Jugendradio DT64. Die Aufnahmen wurden jedoch erst 1990 als Debütalbum Irrenhaus bei Hansa Berlin veröffentlicht. Mit dem Titelstück des Albums gelang der Band ein „Wendehit“: Textzeilen wie „… Irre ins Irrenhaus, die Schlauen ins Parlament. Selber schuld daran, wer die Zeichen der Zeit nicht erkennt …“ sprachen vielen DDR-Bürgern aus dem Herzen. Elf 99, die Jugendsendung des DDR-Fernsehens, produzierte zudem ein Video zum Titel Flugzeuge, der die metaphorische Wirkung des Liedes in Bezug auf die Wendewirren noch unterstützte: Bei der Textzeile „… eingepudert und abgestellt: der Chef …“ sieht man beispielsweise ein scheinbar achtlos in die Ecke gestelltes Bild Erich Honeckers. Darüber hinaus tourte die Band weiter intensiv durch die (Noch-)DDR und trat mehrfach im Fernsehen und im Radio auf.

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