Die Absurdität der Blitzermeldungen im Radio

Bei meinem jetzigen Job bin ich richtig froh, dass mein Arbeitsfeld zur einen Hälfte in einem kleinen Büro für zwei Mitarbeiter stattfindet, in der es wichtig ist, dass dort nicht nur konzentriert gearbeitet wird, sondern auch Telefongespräche ruhig und sachlich geführt werden können. Das hat für mich die angenehme Seite, dass es kein „Radio“ gibt, bei dem die ganze Zeit irgendeine Pop-Welle den ganzen liebenlangen Tag am Herumdudeln ist. Nicht nur, dass diese UKW-Sender den ewig selben Scheiß aus den 70ern, 80ern und von heute spielen, sondern die Programmdirektoren es nach wie vor als klugen Service halten, als Teil der Verkehrsmeldungen die Standorte mit den Radarmessungen für die Geschwindigkeitsüberschreitungen durch die Lautsprecher zu blasen.
Liebe Kraftfahrzeugführer: Die Geschwindigkeitsmessungen sind nicht dafür da, um euch zu ärgern, oder euch prinzipiell finanziell zu schröpfen. Sie sind dazu da, um euch zu sagen, dass es auch andere, nämlich schwächere Verkehrsteilnehmer gibt. Oder sie sind dazu da, um die Lärmbelästigung von erhöhtem Verkehrsaufkommen und hoch-tourigen Motoren gering zu halten, damit die Lebensqualität von Wohngebieten an diesen Straßen so hoch wie möglich bleibt.
Solange Radiosender dann darüber informieren, an welchen Stellen die Messungen von Verkehrspolizei oder Gemeinden stattfinden, führt dies zu dem Fehlschluss, dass an Stellen, wo eben keine Messungen stattfinden, dennoch von vielen Fahrzeugführern die Geschwindigkeitsbeschränkungen nach oben hin großzügig ausgelegt werden.

Radiomoderator und Podcaster Holger Klein hatte einmal im Realitätsabgleich mit Tobias Baier als reaktionäre Anregung für diese Unterminierung der StVO spitzfindig die Idee angeregt, im Rahmen der Nachrichten im Radio auch darauf hinzuweisen, in welcher Tram-, Stadt- oder U-Bahn-Linie gerade Fahrscheinkontrollen stattfinden. Oder es währe doch interessant, wie in einem Kaufhaus der Dedektiv anhand seiner Bekleidung optisch zu entlarven ist. Zum Beispiel:
„Vermehrte Fahrgastkontrollen finden heite auf den S-Bahn-Linien S2 und S4 vormittags zwischen Hauptbahnhof und Südkreuz statt.“
Oder: „Der Kaufhausdetektiv in der Galeria Kaufhof ist diese Woche an seiner grauen Hose und dem dunkelblauen Blouson, sowie der braun getönten Brille mit großen Gläsern zu erkennen!“

Einfach dies an den Nachrichtenblock hinten mit dranhängen, um auf die Absurdität dieser Blitzermeldungen zu verweisen. Oder vielleicht auch darauf zu bestehen, als nicht Kraftfahrzeugführer auch eine Vorteilsnahme im Alltag zu genießen.

Link:
Realitätsabgleiche mit Tobias Baier

Wichtig nehmen alle das Sterben

Wichtig nehmen alle das Sterben: Aber noch ist der Tod kein Fest. Noch erlernten die Menschen nicht, wie man die schönsten Feste weiht.

Zitat aus Zarathustra, eBook „Warum wir sterben“, Gutenberg Projekt

Disclaimer:
Eigentlich wollte ich für dieses Wochenende einen anderen Blog-Artikel erstellen. Weil für mich – und ich bin intellektuell nicht gut darin, sofort ein Anliegen eloquent in einen Text zu giesen – das Ausformulieren der Artikel doch sehr anstrengend ist, habe ich aus Prokrastination das irgendwann vor ewiger Zeit begonnene Absuchen meines Twitter-Feeds nach witzigen oder geistreichen Sprüchen wieder aufgegriffen. Und just heute zum Totensonntag ist mir dieses Zitat aus einen meiner Tweets vom Oktober 2013 in die Hände gefallen.

Holgi sagte in einer seiner Podcastfolgen sinngemäß in etwa folgendes:

Ich möchte, dass bei meiner Beerdigung alle gut gelaunt sind. Und wer nicht lacht, muss die Trauerfeier am Ende bezahlen.

Links:
Eigener Tweet vom Oktober 2013
WRINT-Podcast von Holger Klein

Reisen mit Gerümpel

Die Redaktion von hr2 – Der Tag hatte am 07. November anlässlich des Internationalen Tages der Putzfrau am 8. November, einen Auszug aus dem Buch „Wisch und weg“ der finnischen Autorin Maria Antas zitiert.:

Verschiedene Zeiten, Weltbilder und Menschen definieren auf unterschiedliche Weise was schmutzig, und was sauber ist. Mein größtes Problem besteht derzeit darin, mit der Unmenge an Sachen in unserem Haushalt zurecht zu kommen. Der Philosoph Timo Airaksinen hat ein umfassendes Buch über alle erdenklichen Kategorien von Schmutz geschrieben. Philosophen interessieren sich bedeutend mehr für Schmutz als für das Putzen. In der Sekundärliteratur findet man vor allem Untersuchungen zu Themen wie Schmutz, Müll, Verfall und Abfall. Airaksinen hat überraschend viele Kategorien von Schmutz gefunden. Außerdem ist er gut darin, Bezeichnungen für all seine Schmutzkategorien zu finden. Eine davon passt zu meinem Problem: Bei Airaksinen heißt diese Kategorie Gerümpel. Solche Dinge haben eine fast schon magische Dimension. Gerümpel hat sich noch nicht in Müll verwandelt, sondern umfasst all die Gegenstände, von denen sich Menschen ungern trennen, – Auch wenn sie nahezu wertlos sind. Wir lieben unsere viel zu vielen Gegenstände. Uns ist nicht zu helfen. Aber es ist auch verständlich, denn es sind Erinnerungen, die wir anfassen und riechen können. Wie sollten wie da darauf verzichten, sie zu hegen und zu bewahren? Ein ausgedienter Gegenstand kann der Kitt sein, der das vergangene mit einem in die Zukunft gerichteten Traum verbindet. Ich seufze. Ich habe ja kaum einen Überblick darüber, was sich in meinen Archiven befindet, aber der Gedanke reizt mich. Ich weiß, dass ich bei mir zu Hause Entdeckungen machen kann. Ich brauche nicht bis nach Vietnam zu reisen, um Abenteuer zu erleben. Ich öffne einfach eine Schublade, und begebe mich auf eine Zeitreise.

Buchtitel: „Wisch und weg“, Autorin: Maria Antas

Link zur Sendung: „Wisch und weg! Die unterschätzte Arbeit der Putzfrau“

Persönliche Soundtracks in Grand Theft Auto

Vor ein paar Tagen haben sich ein Arbeitskollege und ein Schülerpraktikant über den Soundtrack eines Spieletitels der Grand Theft Auto Reihe (kurz: GTA) unterhalten. Aufgrund des geringen Alters des Praktikanten habe ich schließen können, dass sie sich im konkreten Fall über die Musik von Grand Theft Auto V unterhielten, welches im Spätsommer 2013 erstmals für die Spielekonsolen Playstation 3 und XBox 360 von Microsoft erschien. Ich kenne die Open-World-Spielereihe seit Erscheinen des ersten Titels im Jahr 1997. Von Anfang an ist es in den Spielen möglich, sich während der Fortbewegung mit einem Fahrzeug mit der Musik von fiktiven Radiosendern berieseln zu lassen. Bei der Benutzung eines Fahrzeugs der Polizei, Feuerwehr und bei einem Krankenwagen gibt es im Hintergrund die Geräuschkulisse von einem Sprechfunkgerät.

War mir noch bis einschließlich Grand Theft Auto III die Musik völlig unbekannt, wurden mit dem vierten Teil ‚Vice City‘ Pop-Songs von international bekannten Interpreten wie Run-D.M.C., Nena, Kate Bush, Talk Talk und anderen der 1980er Jahre, zu mehreren Radioprogrammen als Soundtrack kombiniert. – Und das war kein Zufall. Denn ‚Vice City‘ ist eine optische Hommage an die berühmte, US-amerikanische Kriminalfernsehserie ‚Miami Vice‘, welche in den 1980ern im US-Bundesstaat Florida spielte. Für Spieler von GTA III und ‚Vice City‘ in der XBox- und PC-Version gab es aber noch ein weiteres Gimmick, was die Musik im Spiel betraf. So war es nämlich möglich, in einem Unterordner der Spieledaten auf dem Festplatten-Laufwerk, sich eigene Audio-Dateien im mp3-Format zu speichern, um so einen weiteren individuellen Radiokanal mit der eigenen Lieblingsmusik zu generieren. Im Konkreten habe ich in der bereits 2002 für den PC erschienen Fassung von GTA III, welche ich im Herbst 2003 gekauft und gespielt habe, vier Titel verschiedener Interpreten aus dem selben Jahr zu einer Playlist zusammen gestellt. Bei ‚GTA Vice City‘, welche in der PC-Fassung 2003 erschien und ich im darauf folgenden Jahr spielte, habe ich die Anlehnung an die Fernsehserie Miami Vice weiter geführt und für meine eigene Spiele-Playliste zwei Musiktitel des Soundtracks der Serie als musikalischen Untermalung gewählt.

Was die Spiele selbst betrifft, so habe ich mit Beginn von GTA III es mir angewöhnt gehabt, dass ich, bevor ich eine Mission beginne, in dem Stadtteil, beziehungsweise wenn ein weiterer Stadtteil während des Spielverlaufs freigeschaltet wurde, ich erst einmal dutzende Taxi-Missionen absolviere, um die Areale mitsamt der Straßen, den daraus resultierenden Möglichkeiten für Abkürzungen, sowie die Lage der Autowerkstätten kennen zu lernen. Kurz gesagt: Das ich einfach die Stadt erst einmal kennen gelernt habe, um mich später während der Missionen besser orientieren zu können.

Wenn ich so stundenlang, beziehungsweise dann Tage, ein Spiel mit der eigenen Musik-Playliste im Hintergrund gespielt habe, trat der selbe Effekt ein wie früher während meiner Schulzeit, als ich wochenlang oder einen ganzen Sommer, Winter beziehungsweise bei einer bestimmten Reise mit dem Walkman eine bestimmte Musikkassette unterwegs gehört habe. Höre ich heute wieder ein Lied, welches Teil meiner persönlichen Playliste im GTA-Autoradio war, dann erinnert mich das dann wieder an die Zeit, in der ich GTA III beziehungsweise GTA Vice City gespielt habe.

Grand Theft Auto 3 (PC, 2002, 2003 gespielt)

TitelInterpretJahr
Time Of Our LivesPaul Van Dyk feat. Vega 42003
Special NeedsPlacebo2003
I Feel YouSchiller mit Peter Heppner2003
Find You’re HereWolfsheim2003

Grand Theft Auto – Vice City (PC, 2003, 2004 gespielt)

TitelInterpretJahr
The Boys Of SummerDon Henley1984
You Belong To The CityGlenn Frey1984
Crockett’s ThemeJan Hammer1985

Update vom 24.11.2019 17:25 Uhr

Beim durchstöbern meines Twitter-Archives bin ich heute wieder auf zwei Tweets vom Oktober 2013 gestoßen, die ich während des Anspielens von Grand Theft Auto IV veröffentlicht habe, mit Bezug auf die ganze GTA-Reihe.

Ich habe in meinem Leben viel öfter GTA gespielt als dass ich wirklich hinter dem Steuer eines Auto saß.

Link zum Tweet

‚Grand Theft Auto’ war schon immer die bessere Umsetzung der Sims! Viel Stoff, schnelle Autos und auch sonst nicht ganz Gesetzestreu. #GTA4

Link zum Tweet

Es sei in diesem Zusammenhang noch erwähnt, dass sich unter den Spielern der Grand Theft Auto Reihe eine Art Strömung gebildet hat, die sich in diesem Spiel so verhält, als dass sie sich bei der Fortbewegung mit einem Fahrzeug immer an die Verkehrsregeln hält. Das ist in sofern erst einmal abwegig, weil für die Erfüllung von Missionen in den Spielen der Spieler unter Zeitdruck agieren muss. Das heißt, er muss Geschwindigkeitsregeln und rote Ampeln geschickt aber ohne auffällige Schäden und schweren Unfällen meistern, sonst ist eine Mission gescheitert oder hat nebenbei gleich noch Ärger mit den Ordnungshütern.

Links:
Grand Theft Auto (Wikipedia)
Grand Theft Auto III (Wikipedia)
Grand Theft Auto: Vice City (Wikipedia)
Grand Theft Auto IV (Wikipedia)
Miami Vice (Wikipedia)
GTA Fahren nach Verkehrsregeln (YouTube)

Der Fall der Berliner Mauer

Ich mache mir normalerweise nichts aus Jubiläumstagen irgendwelcher zeitgeschichtlichen Ereignisse, aber vor etwa einem halben Jahr habe ich mir im Fernsehen die zum 25. Jahrestag des Mauerfalls der DDR-Grenzen produzierte Tragikomödie „Bornholmer Straße“ angesehen. Der Film an sich ist relativ durchschnittlich, eine Mischung aus zeitgeschichtlicher Historie gepaart mit ein wenig Situationskomik und DDR-Klamauk im Stil von ‚Sonnenallee‘ oder ‚Helden wie Wir‘. Letztendlich hat der Film etwas ganz anderes in mir ausgelöst. Er hat mich nämlich an dem Wochenendtrip von ein paar Freunden und mir nach Berlin zur ‚Freiheit statt Angst‘- Demonstration im August 2014 erinnert.:

Wir erreichten gemeinsam die Eigentumswohnung von Wonkos Mutter gegen Mitternacht vom Freitag auf Samstag in Berlin. Nachdem wir unser Gepäck in die Zimmer abgelegt hatten, bat uns Wonko noch einmal zurück in den Flur, um uns die Innenseite der Wohnungstür anzuschauen. An ihr war ein verglaster Bilderrahmen mir der Titelseite der ‚Berliner Zeitung‘ vom 10. November 1989 angebracht. Für mich war dies ein sehr epischer Moment mit dem Gefühl von etwas Ehrfurcht, weil dort ein Stück Zeitgeschichte konserviert ist.
Ich ärgere mich gerade, dass ich damals mit meinem Smartphone kein Foto von der gerahmten Zeitung geschossen habe. Ich denke, dass bis auf einige Archive, die inzwischen fast 30 Jahre alte Ausgabe der BZ in den meisten Fällen ihren Weg zum Altpapier gegangen sind und allenfals wieder für neue Nachrichten und Storries recycelt wurden.

Aber es ist wichtig zu wissen, dass der 09. November nicht nur das Datum über das freudige Ereignis der Grenzöffnung zwischen der alten Bundesrepublik und DDR 1989 ist, sondern dass die Nacht vom 09. auf den 10. November 1938 als Reichspogromnacht in die dunkle Geschichte Deutschlands eingegangen ist. Dabei wurden vom 07. bis 13. November etwa 800 Juden ermordet, 400 davon in der Nacht vom 9. auf den 10. November. Über 1.400 Synagogen, Betstuben und sonstige Versammlungsräume sowie tausende Geschäfte, Wohnungen und jüdische Friedhöfe wurden zerstört. Die Pogrome markieren den Übergang von der Diskriminierung der deutschen Juden seit 1933 zur systematischen Verfolgung, die knapp drei Jahre später in den Holocaust mündete.

Links:
Die Berliner Mauer
Bornholm Straße (dt. Spielfilm 2014)
Freiheit statt Angst
Sonnenallee (Film, Wikipedia)
Helden wie wir (Film, Wikipedia)
Novemberpogrome 1938 (Wikipedia)