NetBSD ist ein unixoides Betriebssystem, bei dem die einzelnen Komponenten des Userland mit den FĂ€higkeiten des Kernels optimal abgestimmt sind. Dies wird dadurch erreicht, dass der Kernel und fast das ganze Userland aus einer Hand stammen. GroĂer Wert wird darauf gelegt, dass sich das System auf allen Architekturen gleich verhĂ€lt. NetBSD versteht sich sowieso darauf, auf vielen Computer-Architekturen ausgefĂŒhrt werden zu können, von denen inzwischen viele einen historischen Charakter haben. – Nicht umsonst gibt es den alten Witz.: ‚NetBSD lĂ€uft auf allen GerĂ€ten. Selbst auf einem Toaster.‘
Die Portierung von NetBSD auf die VAX-Architektur der Digital Equipment Corporation war erstmals mit der NetBSD-Version 1.2 im Oktober 1996 abgeschlossen. Seitdem wird der VAX-Port kontinuierlich weiter entwickelt. Trotzdem ist NetBSD ein modernes Betriebssystem am Puls der Zeit. So war NetBSD auch das erste unter den Open Source-Betriebssystemen, welches die USB-Schnittstelle mit der Version 1.4 im Mai 1999 unterstĂŒtzte. Selbst unter Linux wurde die UnterstĂŒtzung fĂŒr USB erst mit Kernel 2.4 im Januar 2001 realisiert.

Ich selber habe meinen ersten Kontakt mit NetBSD mit Erscheinen der Version 4.0 aufgenommen. – Das war im Jahr 2008. Motivation war damals fĂŒr mich, dass das Betriebssystem selber nur aus einem kleinen Basissatz mit den wichtigsten Programmen (also dem Useland) besteht und so trotz Fehlen einer grafischen BenutzeroberflĂ€che mit Maus, stattdessen mit einer ncurses-Ă€hnlichen MenĂŒ-Steuerung extrem fix auf dem Computer installiert werden kann. Nach dem ersten Boot auf das installierte System war und ist man nur mit dem vi als Texteditor ausgestattet, gezwungen das System durch editieren von Dateien und den Kommandozeilenprogrammen des Basissystems zu konfigurieren und sich einzurichten. Das war fĂŒr mich der Hebel, einen Zugang zu der Shell zu bekommen. Schneller und deutlich angenehmer als, wenn ich mich zum Beispiel mit Linux From Scratch erst einmal durch lange Anleitungen lesen hĂ€tte mĂŒssen und die nötigen Programme sowie Bibliotheken aus dem Sorce-Code erst in BinĂ€daten kompiliert werden mĂŒssen.
Inzwischen ist das Programm sysinstall – so heiĂt der ncurses-Ă€hnliche Installer nĂ€mlich – nochmals verbessert worden. So lassen sich ĂŒber ihn inzwischen unter anderem auch die Quellpfade fĂŒr die pre-kompilierten Programmpakete sowie das Archiv der Programmpakete mit dem Quellcode konfigurieren und beziehen, den lokalen NTP-Zeitserver aktivieren, den Displaymanager xdm fĂŒr den automatischen, grafischen Login systemweit aktivieren oder einen eingeschrĂ€nkten User-Account erstellen.
Im Prinzip verlĂ€uft die Installation und Einrichtung des Systems auf der VAX-Architektur genau so wie bei der x86 PC-Version (32 und 64 Bit). Das einzige, was im Gegensatz zu den x86 PC-Versionen zum GlĂŒck wegfĂ€llt, ist die Partition mit der MBR-/GPT-Formatierung. WĂ€hrend des Boots des Installationsmediums muss aber noch ein Terminal ausgewĂ€hlt werden, sonst kann verstĂ€ndlicherweise das sysinstall-Programm nicht starten. – Es stehen als Terminal-Emulation VT100, VT220, Ansi und XTerm zur VerfĂŒgung, wobei die Darstellung von der Ansi-Emulation im SIMH-Emulator absolut furchtbar aussieht.
War ich nach der Installation von dem NetBSD 7.x im SIMH ziemlich angenervt, weil der Init-Prozess bei jedem Booten von der HDD nach der gewĂŒnschten Terminal-Emulation fragt, wird bei NetBSD 9.x das System ohne der Emulation gestartet. Es kann sein, dass da die Skripte vor Veröffentlichung nicht vollstĂ€ndig implementiert wurden. Die Umgebungsvariable muss also nachtrĂ€glich noch hĂ€ndisch gesetzt werden.

Da zum heutigen Veröffentlichungszeitpunkt dieses Beitrags NetBSD 9.1 erst 12 Tage zur VerfĂŒgung steht, wurden noch keine pre-kompilierten pkgsrc-Programmpakete fĂŒr den VAX-Port auf den Servern zur VerfĂŒgung gestellt. Waren fĂŒr NetBSD 8.2 noch 476 BinĂ€rpakete verfĂŒgbar, gibt es fĂŒr NetBSD 9.0 nur noch 26 Pakete zur Auswahl. Ich denke, dass aufgrund der aus heutiger Sicht extrem begrenzten LeistungsfĂ€higkeit der VAX-Architektur die Computermodelle lĂ€ngst nicht mehr auch nur fĂŒr halbwegs sinnvolle Aufgabengebiete eingesetzt werden können, wird an der Menge der angebotenen Programmpakete auch kein Zuwachs mehr zu erwarten sein.
Der NetBSD-User John Klos hatte mal das Experiment gewagt und auf seiner VAXStation 4000/VLC mit 24 Megabyte RAM unter Version 9.0 Perl in der Version 5.30.3 aus den Quellen kompiliert. Das Kompilat stand erst nach exakt 9 Tagen, 15 Stunden, 6 Minuten und 48 Sekunden zur VerfĂŒgung.
Mit der Veröffentlichung von Version 2.8 war im Dezember 2000 die Portierung von OpenBSD auf DECs VAX-Architektur abgeschlossen und die Weiterentwicklung begonnen. OpenBSD selber ist von dem ehemaligen NetBSD-Mitinitiator und -entwickler Theo de Raadt im Jahr 1995 gegrĂŒndet worden, nachdem dieser von seiner ehemaligen Community ausgeschlossen wurde. Nach der Veröffentlichung von Version 5.8 im Jahr 2015 wurde dann die Weiterentwicklung von OpenBSD auf die VAX-Reihe wieder aufgegeben.
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